Diese Woche sagte Elias: Wir haben uns doch immer gefragt, wie es wohl ist, wenn Henri in die Pubertät kommt ... jetzt wissen wir's.
Er hatte Recht - Henri stellt uns alle seit Monaten immer wieder vor neue Herausforderungen - womöglich ist das erst der Anfang? Es ist nicht einfach - zumal die Pubertät unserer Großen wie ein zarter Hauch an uns Eltern vorübergezogen ist - wir haben keine Erfahrung mit Pubertierenden ;-) !
Henris Stimmungsschwankungen äußern sich vor allem in sturem Rückzug - vermutlich, wenn ihm etwas nicht gefällt oder er enttäuscht ist. Das Zermürbende ist, dass wir meist nicht ahnen, was ihn beschäftigt und warum er auf Ansprache und Fragen nicht reagiert. Ein anderes Kind würde uns vielleicht Vorwürfe machen oder schreien oder toben - Henri sitzt einfach da, mit leerem Blick und demonstrativ geöffnetem Mund, die Zunge so weit wie möglich sichtbar. Oft "passiert" es morgens nach dem Aufstehen: Henri sitzt auf dem Boden und weigert sich zu duschen - weg ! ist das einzige, was er vor sich hin murmelt. Oder er setzt sich nach dem gemeinsamen Abendessen (bei dem er uns noch freundlich gesonnen war) auf das Sofa und wenn wir mit ihm in sein Zimmer gehen wollen, schlägt uns nur ein raues Nein! und weg! entgegen. Mehr Reaktion kommt nicht, er nimmt keinen Blickkontakt auf und wenn man es nicht besser wüsste, würde man meinen, er bekommt von dem, was sich um ihn herum abspielt, gar nichts mit. Man (ich wähle bewusst diese allgemeine Form, weil jedes anwesende Familienmitglied sein Bestes gibt) versucht alles (gutes Zureden, besonders langes Fahnenstehen oder das Hören einer Michel-CD in Aussicht stellen, eintägiges Fahnenverbot ankündigen oder längst zugesagtes Michel-Hören bzw. -Sehen in Frage stellen, die Palette ist groß und außer Gewalt ist alles drin) und erreicht doch oft gar nichts.
Auch heute Morgen war wieder so eine Situation: Henri saß eine Dreiviertelstunde im Schlafanzug am Frühstückstisch - kaum ansprechbar... im Familienjargon nennen wir es bockig oder auch total bockig ;-). Jedoch ist es mir heute gelungen, den Grund seiner üblen Laune herauszufinden. Gestern hatte er angekündigt, dass er heute Freitag... kein Ranzen!! braucht. Seit Wochen freut er sich auf den Schulfasching (als "berühmte Persönlichkeit" hat er sich Michel aus Lönrneberga ausgesucht), der nächste Woche am Freitag stattfinden wird. Schon gestern Abend wollte er nicht einsehen, dass der Schulfasching erst in einer Woche ist, beharrte immer nur auf Freitag... Fasching... kein Ranzen! und so ging es heute früh weiter. Als er bemerkte, dass der Ranzen trotz aller Widerrede gepackt war, hat es ihm wohl vollkommen die Stimmung verhagelt. Um halb acht (um diese Zeit ist er normalerweise geduscht, angezogen und hat schon gefrühstückt) habe ich dann angekündigt, ihn hochzubringen, weil er offensichtlich krank sei. In diesem Moment hat er mich zum ersten Mal angesehen - und plötzlich legte sich der Schalter wie von selbst um. Dankbar nahm er meinen Vorschlag an, zu duschen, um vielleicht doch noch fit zu werden und nicht zu Hause bleiben zu müssen. Nach dem Duschen war er tatsächlich wie ausgewechselt, verspeiste im Auto eine Banane und freute sich auf sein aufgestocktes Schulfrühstück. Alles wieder gut ... und so oder ähnlich geht es Tag für Tag.
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